verbandelte Seiten
Menu

Myanmar (Burma) 1996

 

Freitag, 15.11. 96

Wir stehen um 06:00 Uhr auf, um den Aufbruch um 07:30 Uhr zu schaffen. Wir frühstücken gemütlich, am Nebentisch sitzt eine deutsche Gruppe mit einem Mann und 8 oder 9 Frauen. Kyaw organisiert noch was, dann gehe ich mit ihm und Mr. Wellington auf den Markt, um noch 2 Brote, 9 Kekse für 120 K, 2 große Hände Bananen und 10 Orangen zu kaufen. Der feste Markt von Kalaw ist erstaunlich groß. Unser Fahrer und der Helfer werden uns auf der Wanderung begleiten, so daß wir keine Träger für Hattos und Evas Sack brauchen. Es wird aber doch 07:45 Uhr bis wir aufbrechen, den Aufstiegsmesser vergesse ich einzuschalten, so weiß ich nachher nur, daß das Dorf, in dem wir übernachten, ungefähr 1360 m hoch liegt und wir bis ca. 1475 m steigen. Wir kommen erst durch eine Gegend mit Gestrüpp, bambuskverschiedenes Kulturland taucht auf, als wir wieder absteigen zum Dorf der Pa O. Wir sehen Rhizinus, Sesam und Cheroot-Bäume. Die Blätter dieses Baumes werden wie Tabak verwendet und es werden daraus eine Art Zigarren gedreht, die in ganz Burma geraucht werden. Die Bäume werden relativ groß, aber sie werden abgeschnitten, damit sie kleine Triebe bilden und die Blätter leichter gepflückt werden können. In einem Haus, das wir besuchen (und andere Touristengruppen nach uns auch) sortieren 3 Frauen Cheroot – Blätter. An der Wand stehen große Ständer aus Bambusstangen, zwischen denen die aufgeschichteten Blätter aufbewahrt werden. Mit Hilfe von geflochtenen Ringen, die wie Körbe ohne Boden aussehen, werden die Blätter nach der Sortierung kreisförmig zu größeren Scheiben gelegt und diese Schicht für Schicht aufeinander geschichtet bis schließlich der ganze Stapel in die Vorratsständer kommt. In einer Ecke befindet sich ein großer Trockenofen mit Steinplatten, darauf werden die Blätter gelegt, über diese ein Deckel aus Korb und das ganze mit Steinen beschwert, darunter brennt ein Feuer.

Die Avocados werden von einer Raupenart bedroht, die Raupen sehen sehr hübsch aus, fressen aber in kurzer Zeit die Bäume völlig kahl. Wir durchqueren noch ein Tal, dort steht in der Nähe eines einsamen Gehöftes ein riesiger Bambus, schätzungsweise 7 – 8 m hoch, eine Frau steht mit Kind und Schwein neben ihrem Haus. Dann steigen wir ca. 3 ½ Stunden bergan zu einem Dorf der Palaung (Pein Ne Pin Village = Jackfruit-Baum-Dorf). Schon von weitem hört man, wie in der Schule die Kinder Sätze von der Tafel laut im Chor nachsprechen. Wir reden später mit Hilfe von Kyaw mit der Lehrerin, es gibt deren zwei. Die Mittagspause ist hier in der Schule schon um 11:00 Uhr, weil die Hälfte der Schüler Novizen aus dem Kloster sind, und die müssen dann zum essen (nach 12:00 Uhr darf ein Mönch nicht mehr essen). Wir quartieren uns schon mal in einem Nebengebäude des Klosters ein, das von Nonnen betreut wird – es gibt hier ein Nonnen- und ein Männerkloster mit vielen Novizen, von den erwachsenen Mönchen sieht man praktisch keinen. Die Leute sind an Touristen gewöhnt, ca. 5 Gruppen von Touristen mit jeweils 2 – 7 Leuten haben wir unterwegs gesehen, aber wir sind die einzigen, die hier übernachten. Aber auch übernachtet wird hier öfter, wie wir aus dem Gästebuch sehen, hier sind auch die jeweiligen Spendenbeträge eingetragen, wir geben 500 K. Die meisten Einträge sind von Franzosen und Deutschen. Wir besuchen ein typisches traditionelles Holzhaus, dort wohnen ohne Abtrennung 5 Familien auf einer Ebene. Für Touristen gibt es Tee zu trinken, rechts im Haus kann man sogar Cola o.ä. kaufen. Eine Frau demonstriert die einheimische Tracht der Frauen, ein roter gestreifter Wickelrock, blaue Jacke und als Kopfbedeckung für Ledige eine schwarze Kappe mit bunten Quasten, von Verheirateten wird eine Goldperlenkette mit bunten Schnüren mit einem schwarzen Tuch um den Kopf gewickelt.paarkLinks in der Hütte sitzt ein altes Paar am Feuer, sie mit Pfeife, und läßt das ganze stoisch über sich ergehen. Rechts in dem Haus, wo man auch Cola kaufen kann, wird uns das Weben auf einem Handwebstuhl demonstriert, hier werden die traditionellen Textilien gewoben. Die Frau, die uns bekocht, ist sehr hübsch, in einheimischer Tracht und recht selbstbewußt, sie hat alles gut im Griff, wenn weiterhin Touristen hierher kommen, könnte ich mir vorstellen, daß sie bald ein kleines Restaurant eröffnen wird. Auch ihre Kinder sind ausnehmend hübsch. Die Nonnen sind ebenfalls nicht erschrocken, eine setzt sich später auch an den Tisch, was sehr ungewöhnlich ist (und auch von Kyaw nicht gutgeheißen wird). Größere Jungs spielen eine Art Volleyball mit einem Chinlon – Ball, später sehen wir auch einige das Original Chinlon spielen. Es wird gespielt mit einem durchbrochen geflochtenen Ball, 5 – 6 Spieler stellen sich im Kreis auf, der Ball wird mit Knie, Knöcheln und Fußrücken gespielt, Sieger in unserem Sinne gibt es nicht, es gilt, den Ball möglichst virtuos möglichst lange in der Luft zu halten.

Nach dem Essen machen wir noch einmal eine Wanderung von ca. 3 Stunden, es ziehen aber Wolken auf, und da es bis zum nächsten Dorf knapp wird und unser Mr. Wellington fürchtet, daß es wegen der Wolken früh dunkel wird, kehren wir um. Hatto und ich gehen mit Mr. Wellington noch auf eine Hügelkuppe mit einer Pagode, aber wegen des Dunstes haben wir keine gute Sicht. Unterwegs begegnen wir einer Kuh, die gerade am Kalben ist und damit erhebliche Probleme hat, sie ist deswegen ziemlich aggressiv und alle halten gebührenden Abstand, Kinder sind auf einen dicken Baum geklettert und beobachten das ganze von dort aus. Mr. Wellington fragt mich, ob ich nicht Geburtshilfe leisten könnte, was ich aber wegen völliger Unkenntnis ablehnen muß, ich weiß nicht recht ob das richtig verstanden wird. Auf dem Rückweg sehen wir, daß das Kalb inzwischen geboren ist, es ist höchstens ¼ Stunde alt. Zum Abendessen gibt es – zum Reis natürlich – Huhn und Rindfleisch, das hart gebraten und dann getrocknet wurde, wir sind darüber ziemlich überrascht, wir hatten eigentlich nur Reis pur erwartet. Die Betten sind Holzgestelle, darauf liegen geflochtene Matten und eine Decke, es ist recht hart, daher schlafe ich nicht sehr viel. Die Beleuchtung besteht aus Kerzen, es gibt aber auch elektrisches Licht, eine trübe Funzel von vielleicht 20 Watt, Strom hat nur das Kloster (und damit natürlich auch wir), es gibt zwar noch einen zweiten Generator, aber der ist kaputt. Manchmal tropft der Tau von der Decke, laut Ulla gab es auch allerlei Tiere, ich habe aber keine bemerkt. Irgendwann gibt es plötzlich wieder Strom, man hört laute Musik und Gerede, es hört sich nach Fernseher an, der wohl auch in diese abgeschiedene Weltgegend vorgedrungen ist (zusammen mit Videokassetten). Plötzlich bricht der Lärm ab, Hunde beginnen zu jaulen, bis es dann ganz still wird.